Eine mediterrane Oase über den Dächern Ettlingens

Hoch über den Dächern von Ettlingen kann man sie genießen, die mediterranen Momente. Der Dachgarten auf der Schlossgartenhalle erinnerte mit seinem Glockenturm an toskanische Städtchen, besonders seitdem er wieder so prachtvoll bepflanzt worden ist. Zwei Olivenbäumchen empfangen den Besucher, der umhüllt wird von einem Lavendelduft und einem Blütenmeer. Eine echte Oase über der Altstadt, die eine Kostbarkeit ist. Denn der Dachgarten ist ein wichtiger Bestandteil des architektonischen Gesamtkunstwerks: der Schlossgartenhalle. Sie entstand im Zuge der Landesgartenschau 1985-87 als ein Werk des namhaften Architekten Alexander von Branca. Aufgrund der Besonderheit und Beispielhaftigkeit für die Baukunst der Postmoderne ist die Eintragung des Bauwerks als Kulturdenkmal durch das Landesamt für Denkmalpflege in Vorbereitung. Begeistert zeigten sich Bürgermeister Dr. Moritz Heidecker und Stadtbauamtschef Daniel Schwab über dieses Gartenkunstwerk. Von Frühjahr bis Herbst bietet der Garten den Menschen einen Augenschmaus und den Bienen immer eine Nektar-„Tankstelle“, erläuterte Christine Plakinger von der Gartenbauabteilung. Ihre Chefin Ingrid Lotterer hatte im Archiv des Amtes einiges zu Tage befördert über den Garten und das Gebäude.

Kennzeichnend für die postmoderne Architektur ist die enge Verbindung von Architektur und Gartenkunst. Gerne werden dabei Zitate früherer Stilepochen verwendet und spielerisch neu interpretiert. So bilden die Pflanztröge auf der Dachterrasse ein stilisiertes Labyrinth und verweisen damit auf ein archetypisches Gestaltungselement der Gartenkunst. Dieses streng architektonisch gestaltete Labyrinth auf dem Dachgarten findet übrigens sein Pendant im Heckenlabyrinth im Gatschina-Park. Steinerne Balustraden und ein angedeuteter Glockenturm sind weitere Elemente, die den bühnenbildartigen Charakter des Gartens ausmachen.
Aufgrund technischer Probleme musste der Garten für mehrere Jahre geschlossen werden, wodurch die ursprüngliche Vegetation verloren ging. Nachdem die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen durchgeführt wurden, konnte der Garten im Frühjahr 2023 wieder für das Publikum geöffnet werden. Jedoch erlaubte die fortgeschrittene Saison zunächst nur eine provisorische Bepflanzung. Über den Winter wurde nun der „luftige“ Garten komplettiert und damit wieder Instandgesetzt durch das Stadtbauamt.

Diese Instandsetzung bedeutet gleichzeitig einen Meilenstein in der Umsetzung des Begrünungskonzept Innenstadt, das der Gemeinderat 2019 beschlossen hat. Der Wunsch nach „Mehr Grün“ in der historischen Altstadt war Auslöser für dessen Erarbeitung durch das Stadtbauamt. Ziel ist es, die vorhandenen, zum Teil in die Jahre gekommenen innerstädtischen Grünflächen, die Ettlingen unverwechselbar machen, Schritt für Schritt zu erneuern und wieder zur ´Blüte´ zu bringen.
Bei der Neugestaltung hat man sehr behutsam Ergänzungen vorgenommen, damit man die Oase als Aufenthaltsbereich und sie gelegentlich sogar als Veranstaltungsort nutzen kann, ohne jedoch in die Grundsubstanz der Anlage einzugreifen: Einzelne Pflanztröge haben Sitzauflagen aus Holz erhalten, maßgeschneidert von den Mitarbeitern des städtischen Baubetriebshofs, stellvertretend für sie war Sven Hanak mit bei dem Termin. Im Zentrum gibt es eine kleine Bühne für kleine Auftritte. An den Zugangstreppen wurden bereits im Vorjahr Tore angebracht, um mit Rücksicht auf die Anwohnerschaft und zum Schutz vor Vandalismus die Öffnungszeiten zu steuern.

Bei der Bepflanzung folgen wir nicht streng dem historischen Vorbild, so Lotterer, sondern wir interpretieren sie neu, inspiriert von der mediterranen Atmosphäre. In der Hitze des Dachgartens gedeihen Pflanzen, die ursprünglich z. B. in der Macchia zuhause sind. Der streng architektonischen Grundform wird mit der Stauden-Mischpflanzung eine wilde Struktur gegenübergestellt. Immergrüne Hartlaubgewächse bilden einen grünen Rahmen. Gräser, Kräuter und Hartlaubgewächse widerstehen durch ihre Anpassungsmechanismen Hitze und Trockenheit, verströmen betörende Düfte und bilden gleichzeitig eine Nahrungsquelle für Insekten.
 

Für die Erneuerung wurde die Erde in den Trögen komplett ausgetauscht. Die erforderlichen 15 Kubikmeter Spezialsubstrat sind mit Dachdecker-Aufzügen auf das Dach befördert worden. 500 Gräser, Kräuter und Hartlaubgewächse wie Lavendel, Katzenminze und Currykraut, Spornblume, Prachtkerze, Eisenkraut, Rosmarin, Salbei und Thymian und Kirschlorbeer wurden neu gepflanzt. Zitruspflanzen (Kumquat) unterstützen den mediterranen Charakter.

Insgesamt wurden für das Projekt rund 30.000 Euro investiert. Gefördert wurde das Projekt im Rahmen des Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“.
 
Selbst die robuste Staudenmischpflanzung braucht ein Minimum an Pflege, um dauerhaft erhalten zu werden. Etwa 8.000 Euro jährlich werden dafür vom Stadtbauamt veranschlagt. Das beinhaltet Frühjahrsrückschnitt, Gießen während der Hitzeperioden und leider auch die regelmäßige Beseitigung von Müll.
Damit lädt eine einzigartige Gartenanlage die Ettlinger und Besucher der Stadt zur Erholung und Entspannung ein. Dafür dankte Dr. Heidecker allen Beteiligten.