Der gestiefelte Kater Und die Mühle

Es war einmal ein Müller namens Georg, der besaß eine große Getreidemühle. Geld hatte Georg reichlich, aber keine Freunde. Selbst die Tiere konnten ihn nicht leiden. Hinzu kam, dass die schöne Mühle oft stillstand, da es meistens kein Korn zum Mahlen gab. Georg versäumte es immer wieder, neues Korn zu kaufen und bis spät in den Vormittag kam er nicht aus den Federn. Eines kalten Wintertages erschien ein prächtiger roter Kater bei der Mühle. „Hallo, Müller! Ich bin der Kater Mischa und habe gehört, dass du Hilfe brauchst.“
Georg war überrascht. „Ein sprechender Kater? Was kannst du denn für mich tun?“ „Schenk mir ein paar ordentliche Stiefel, dann beschaffe ich dir gutes Korn. Ich kann dir helfen, die Mühle wieder auf Vordermann zu bringen“, entgegnete der Kater. Georg, der nichts zu verlieren hatte, vertraute dem selbstbewussten Kater. Und so kam es, dass Mischa sich kurz darauf in wunderschönen Stiefeln auf den verschneiten Weg machte und für Georg das beste Korn in der Gegend besorgte.

Eines Nachts hörte Mischa ein schreckliches Geheule draußen vor der Mühle. Vor der Tür entdeckte er eine bibbernde Mäusefamilie unter sternenklarem Himmel. Die Mäuse hatten in der kalten Jahreszeit große Schwierigkeiten, Futter zu finden, und viele von ihnen hatten großen Hunger. Mischa hatte Mitleid mit ihnen und bat sie herein. Er ließ sie die Getreidereste vom Holzboden essen. Für die hungrigen Mäuse war es ein Festmahl. Überglücklich bedankten sie sich bei ihm – von einem Kater hatten sie so etwas wahrlich nicht erwartet.
Das brachte Mischa auf eine gute Idee: Die Mäuse könnten künftig in der Mühle helfen und dafür immer etwas vom Korn abbekommen. Der Müller Georg war offen für Mischas Idee. „Na gut, ich werde es mit den Mäusen versuchen.“ Er überließ ihnen eine kleine gepolsterte Holzkiste als Zuhause. Und siehe da, die Mäuse halfen dem Müller tatkräftig. Sie weckten Georg jeden Morgen mit einem munter gepfiffenen Mäuselied, sorgten für Sauberkeit im Vorratsraum, kämpften gegen die lästigen Mehlkäfer und machten sich, wo es ging, nützlich. 

Von diesem Tag an war die Mühle nicht nur reich an Korn, sondern auch ein Ort voller Leben und Lachen. Der Müller Georg hatte auf einmal zahlreiche Freunde, nicht nur den gestiefelten Kater, sondern auch die fröhlichen Mühlmäuse, die nun nie mehr Hunger litten. Dem Müller machte seine Arbeit fortan wieder Freude und er lernte, wie schön es war, mit anderen etwas zu teilen. Das Mehl, das Georg in der Gegend verkaufte, wurde fortan "Glücksmehl" genannt. Und tatsächlich, die köstlichen Weihnachtsplätzchen, die damit gebacken wurden, zauberten ein Strahlen auf die Gesichter großer und kleiner Leckermäuler.

Text: Antje Bienefeld